Unser Blutdruck wird unter anderem von Hormonen reguliert. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Steroidhormon Aldosteron. Es wird in den Nebennieren gebildet und ist an der Regulation des Wasser- und Salzhaushalts des Körpers beteiligt. Beim Hyperaldosteronismusproduzieren die Nebennieren zu viel Aldosteron, wodurch Natrium im Körper zurückgehalten und vermehrt Kalium ausgeschieden wird. Die Folge ist ein krankhaft erhöhter Blutdruck, weshalb man auch von sekundärem Bluthochdruck spricht. Auch die Nieren nehmen oft Schaden.
Bis vor kurzem wusste man wenig über die pathologischen Mechanismen dieser Erkrankung. Im Jahr 2018 konnten zwei internationale Forscherteams, eines um Maria Christina Zennaro (INSERM Paris) und Thomas Jentsch (FMP und MDC, Berlin) und ein anderes um Ute Scholl (BIH Berlin) und Rick Lifton (Rockefeller, New York) erstmals nachweisen, dass bei manchen betroffenen Patienten Mutationen im Gen für
den ClC-2-Chloridkanal vorliegen. Unklar war allerdings der kausale Zusammenhang zwischen Genmutation und Überproduktion von Aldosteron. Diese Lücke haben nun die Forscherinnen und Forscher vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) geschlossen.
Prof. Thomas Jentsch hatte die erste Chloridkanalfamilie, zu der auch ClC-2 gehört, vor fast 30 Jahren als Erster entdeckt. Sein Team untersuchte die jetzt die beschriebenen Mutationen zunächst in vitro. Dabei fanden die Forscher, dass alle bisher bekannten, mutmaßlich Hyperaldosteronismus verursachenden ClC-2-Mutationen den Chloridstrom des Kanals drastisch erhöhen.
Um den Beweis zu erbringen, dass die Erhöhung des Chloridstroms von ClC-2 zu Hyperaldosteronismus führt, haben die Forscher anschließend ein Mausmodell entwickelt, das ClC-2 über eine andere, „künstliche“ Mutation aktiviert. Die genetisch veränderten Mäuse wiesen enorm erhöhte Chloridströme in den Aldosteron-absondernden Zellen auf, was unter anderem zu einem starken, pathologischen Anstieg der Aldosteron-Konzentration im Blut der Nager führte. Daraus resultierte – genau wie bei Patienten – ein krankhaft erhöhter Blutdruck und sekundär eine verringerte Renin-Aktivität, ein Hormon, das normalerweise die Aldosteronproduktion erhöht. Somit konnten die Forscher den Nachweis erbringen, dass die Mutation ursächlich an der Krankheitsentstehung beteiligt ist.
„Wir haben gesehen, dass der Kanal durch die Mutationen ständig geöffnet ist, wodurch die elektrische Spannung über die Zellmembran der Hormon-produzierenden Zelle stark verringert wird. Dadurch kommt es zu einem Einstrom von Kalzium, was wiederum zu einer Überproduktion von Aldosteron führt“, erläutert FMP-Forscherin Dr. Corinna Göppner. „Was sich aufgrund des mutierten Chloridkanals genau im Organismus abspielt, haben wir an unserem Modell erstmals Schritt für Schritt in allen Details zeigen können“, so die Biologin weiter. Insofern hat unsere Arbeit hervorragend die humangenetischen Befunde ergänzt und erweitert.“
Text: Beatrice Hamberger