Forschung | PDI | 05-10-2018

Gespeichertes Licht

Neuartige Mikrokavitäten können Lichtstrahlen für Sekundenbruchteile speichern und miteinander wechselwirken lassen – ein wichtiger Schritt zu Quantensimulatoren.

 

In einer Mikrokavität gefangenes Licht wechselwirkt mit Elektronen. | Alexander Kuznetsov, PDI

Neuartige Mikrokavitäten können Lichtstrahlen für Sekundenbruchteile speichern und miteinander wechselwirken lassen – ein wichtiger Schritt zu Quantensimulatoren. Auch ein vermeintlich einfaches Stück Materie kann sehr komplexe quantenphysikalische Eigenschaften aufweisen. Um neuartige Materialien entwickeln oder bestehende zu verbessern, wollen Forscher diese Quanteneigenschaften besser verstehen. Leider sind diese oft gänzlich unanschaulich und lassen sich auch nicht ohne Weiteres am Computer simulieren. Einen Ausweg bieten nun Quantensimulatoren, mit deren Hilfe man bestimmte materielle Eigenschaften und Wechselwirkungen nachstellen kann. Eine interessante Option für derartige Quantensimulatoren bieten optoelektronische Chips. Wenn man die physikalischen Parameter auf diesen Chips geschickt einstellt, verhalten sie sich beispielsweise wie ein Festkörpersystem, das wesentlich schwieriger zu kontrollieren ist.

Das zentrale Bauelement auf optoelektronischen Chips sind winzige Kavitäten, an denen sich Licht und Elektronen gegenseitig beeinflussen können. Als Lichtemitter eignen sich derartige Mikrokavitäten bereits, unter anderem als Mikro- oder Nanolaser. Bislang hat es sich aber als schwierig erwiesen, komplexe Strukturen herzustellen, die klein genug sind, um typische Quanteneigenschaften aufzuweisen. Einem Forscherteam vom Paul-Drude-Institut (PDI) in Berlin ist nun ein wichtiger Fortschritt auf diesem Gebiet gelungen. Mit Hilfe von Molekularstrahl-Epitaxie gelang es ihnen, die entscheidenden Strukturen wesentlich zu verkleinern.

Es handelt sich hierbei um sogenannte „Exziton-Polaritonen“. Darunter verstehen Festkörperphysiker gemeinsame Zustände von Licht und Elektronen in Materie. Wenn ein Lichtpuls auf eine passende Mikrostruktur trifft, kann er dort für kurze Zeit gespeichert werden. Hierzu müssen zwei fast perfekte Spiegel im Abstand von einigen hundert Nanometern (milliardstel Meter) auseinanderliegen, so dass der Lichtpuls in dieser winzigen Kavität eine stehende Welle ausbildet. Diese kann die Elektronen im Material ebenfalls zu Schwingungen anregen, so dass sich ein gemeinsamer Zustand mit besonderen Eigenschaften ausbildet. Dies kann etwa zur Ausstrahlung von Laserstrahlung führen oder auch zur Emission von Licht mit besonderen spektralen Eigenschaften. Dank der neuen Technik lassen sich solche Exziton-Polaritonen nun in der Größenordnung von einem Mikrometer herstellen. Vorher waren sie noch etliche Mikrometer breit – und damit viel zu groß für Anwendungen in der Mikro- und Quantentechnologie.

Die Forscher wollen die Eigenschaften ihrer Kavitäten auch mit einem besonderen Trick beeinflussen. „Wie bei einem Ultraschallgerät wollen wir die Struktur mit extrem hoher Frequenz zum Schwingen bringen“, erklärt Kuznetsov. Bei einer Frequenz von einigen Gigahertz – rund eine Million mal schneller als die menschliche Hörgrenze – bilden sich stehende Wellen auf dem Material aus, bei denen die Minima und Maxima sehr eng beieinander liegen. So lässt sich eine zeitlich variable Struktur im Material erzeugen, was eine zusätzliche Kontrolle über die Wechselwirkung der Kavitäten mit dem Licht und den Elektronenschwingungen ermöglicht.

Auf dem Weg zu Quantensimulatoren ist die neue Technologie der Forscher vom PDI ein wichtiger Schritt vorwärts und die erzielte Miniaturisierung ist dringend notwendig für die Entwicklung von neuen Konzepten für Quantensimulatoren. „Wir sind allerdings noch nicht ganz am Ziel“, so Kuznetsov. Dafür bräuchte man Strukturen im Bereich von einem halben Mikrometer (millionstel Meter). Noch sind die Elemente aber ein bisschen zu groß. Den Wissenschaftlern ist es aber gelungen, die verschiedenen Mechanismen zu identifizieren, die bei der Erzeugung so kleiner Strukturen eine Rolle spielen.

Als nächstes wollen die Forscher ihre optoelektronischen Chips nutzen, um das Verhalten der Mikrokavitäten zu studieren, wenn gleichzeitig der Festkörper zu hochfrequenten Schwingungen angeregt wird. Das Forschungsprojekt zielt aber auch auf noch kleinere Bauteile und auf Quantensimulatoren. Diese werden unter anderem im europäischen Verbundprojekt „InterPol“ entwickelt, an dem auch das PDI beteiligt ist.

Text: Dirk Eidemüller

Publikation

Originalveröffentlichung:

Quantum confinement of exciton-polaritons in a structured (Al,Ga)As microcavity
Alexander S. Kuznetsov, Paul L. J. Helgers, Klaus Biermann & Paulo V. Santos, Phys. Rev. B 97, 195309 (2018)
https://doi.org/10.1103/PhysRevB.97.195309

Links:

DFG-Projekt „Kohärente akustooptische Wechselwirkungen in strukturierten Polariton-Resonatoren“: http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/359162958

QuantERA ERA-NET Cofund in Quantum Technologies: https://www.quantera.eu/

InterPol: https://www.quantera.eu/co-funded-call/funded-projects/44-interpol

Kontakt

Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Leibniz-Institut im Forschungsverbund Berlin e.V. (PDI)
Dr. Alexander Kuznetsov
E-Mail kuznetsovpdi-berlin.de
Tel. 030 20377-430