Alarmierender Temperaturanstieg in den letzten Jahrzenten
Problematisch für unsere Seen ist der allgemeine Trend zu höheren Temperaturen infolge des Klimawandels, warnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IGB in ihrem neuen Dossier. Weltweit beobachten sie seit 1985 einen Anstieg der sommerlichen See-Temperaturen um durchschnittlich 0,34 °C pro Jahrzehnt. „Damit sind die Temperaturen des Oberflächenwassers stärker und schneller angestiegen als die vergleichbaren Lufttemperaturen“, erklärt Prof. Dr. Rita Adrian, Leiterin der Abteilung Ökosystemforschung am IGB und Mitautorin des Dossiers.
Seen im Klimastress
Direkte Folgen des Klimawandels sind höhere Wassertemperaturen und eine schwächere bzw. kürzere Eisentwicklung im Winter. „Mit größerer Sorge betrachten wir allerdings die indirekten Effekte wie veränderte Licht-, Sauerstoff- und Nährstoffverhältnisse, die sehr großen Einfluss auf das Ökosystem See haben können“, erklärt Dr. Tom Shatwell, Mitautor und IGB-Wissenschaftler. Auch steigende Zuflüsse aus dem Einzugsgebiet in Regionen mit erhöhten Niederschlägen würden die Gewässer vermehrt mit Nährstoffen belasten. Je nach Typ und Einzugsgebiet reagieren Seen ganz unterschiedlich auf diese Bedingungen. „Seen sind Ökosysteme mit komplexen Zusammenhängen und Prozessen. Im neuen IGB Dossier erklären wir deshalb allgemeinverständlich die grundlegenden natürlichen Prozesse und zeigen auf, wie sich unsere Gewässer durch den Klimawandel verändern können“, erläutert Rita Adrian. Pauschalaussagen sind dabei kaum möglich, sind sich die beiden Autoren einig. Als sicher gelten jedoch neben steigenden Wassertemperaturen vor allem reduzierte Sauerstoffkonzentrationen sowie ein verändertes Schichtungsverhalten im Sommer, wodurch im Zuge der so genannten internen Düngung mehr Nährstoffe freigesetzt werden können. Diese Effekte begünstigen das übermäßige Algenwachstum, insbesondere die Entwicklung von Cyanophyceen, umgangssprachlich auch Blaualgen genannt. Die steigenden Temperaturen führen unter anderem auch dazu, dass sich wärmetolerante Arten verstärkt nach Norden ausbreiten und kälteliebende Arten verdrängen.
Gewässermanagement vor großen Herausforderungen
Die Folgen des Klimawandels könnten sich gravierend auf den Schutz und die Nutzung von Seen auswirken, fassen die Autoren zusammen. Sie sehen das Gewässermanagement mit neuen Unsicherheiten und Herausforderungen konfrontiert. Klimafolgenforschung und langfristige Monitoringprogramme könnten jedoch dabei helfen, tragfähige Anpassungsstrategien zu entwickeln. Damit Seen als Lebensraum, aber auch in ihren verschiedenen Funktionen, die sie für uns Menschen übernehmen (z.B. als Trinkwasserreservoir, für die Binnenfischerei, für Erholung und Tourismus), erhalten bleiben, brauche es ein ganzheitliches, flexibles und langfristiges Gewässermanagement, das die Dynamik ganzer Einzugsgebiete betrachtet.