Unser Ziel in der Gemeinsamen Verwaltung des FVB ist es, einen qualitativ hochwertigen administrativen Service anzubieten. Dieser soll gleichermaßen forschungsfreundlich und rechtskonform sein und somit exzellente Wissenschaft ermöglichen. Hierfür müssen Regelprozesse standardisiert – und wenn möglich auch automatisiert – ablaufen. Studien zeigen, dass eine mangelnde Standardisierung die Digitalisierung hemmt. Dem haben wir mit der Stärkung des Themas Prozessmanagement Rechnung getragen. Durch diese Entwicklung schaffen wir zeitliche Kapazitäten, um kreative und innovative Lösungen für die sich häufenden Sonderfälle entwickeln zu können.
Die Anforderungen an die Verwaltung steigen beständig. Während sich auf der einen Seite die rechtlichen Vorgaben mehren und Ermessensspielräume noch weiter verengen, wachsen auf der anderen Seite die Bedarfe nach Autonomie. Beispiel: mobiles Arbeiten im Ausland. Während Wissenschaftler*innen – zu Recht – erwarten, mit ihrem Laptop von überall auf der Welt zu arbeiten, ist dies rechtlich nahezu die Quadratur des Kreises.
Die Digitalisierung in der Verwaltung hatte bereits meine Vorgängerin Dr. Manuela Urban engagiert verfolgt, insbesondere mit dem 2014 gestarteten Modernisierungsprogramm „Verwaltung 4.0“. Durch die Erschütterungen, die der Austritt des Ferdinand-Braun-Instituts für die Gemeinsame Verwaltung mitbrachte, zunächst unterbrochen, konnten wir 2022 wieder daran anschließen und zum Beispiel die elektronische Zeiterfassung einführen.
In den kommenden Jahren konzentrieren wir vor allem auf die verstärkte Nutzung digitaler Tools für das kollaborative Arbeiten. Wir haben beispielsweise in der FVB-Wolke seit 2022 Only Office im Einsatz, sodass wir gemeinsam an Dokumenten arbeiten können; unser „Wekan“ als virtuelles Kanban-Board erleichtert uns das agile Projektmanagement. Und ab 2023 werden wir verstärkt an und mit Confluence – einer Wiki-Software für Wissensmanagement und Kollaboration – arbeiten, um nach und nach all unsere Prozesse und die zugehörigen Verwaltungsdokumente transparent und up to date zu halten.
New Work – oder: eine neue Arbeitswelt
Digitalisierung erleichtert uns also das kollaborative Arbeiten – ein wichtiger Faktor für die Lösung der komplexer werdenden Fragestellungen und Herausforderungen an die Verwaltung. Hierfür braucht es qualifizierte Fachkräfte, die ihr jeweiliges Spezialwissen einbringen. Diese – und Quereinsteiger*innen mit Potenzial – zu finden, zu gewinnen und zu binden, ist aktuell bereits eine der größten Herausforderungen für Verwaltungen im Öffentlichen Dienst. In den kommenden Jahren, wenn die Generation der Babyboomer in Ruhestand geht, wird die Rekrutierung von Fachkräften für die Erreichung unserer Ziele entscheidend sein.
Und die neuen Generationen stellen neue Ansprüche an die Erwerbsarbeit. So zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre, dass es nicht allein die Verdienstmöglichkeiten sind, die einen Job für den Nachwuchs reizvoll machen. Es geht um zeitlich und räumlich flexible Arbeitsgestaltung, um die persönliche Entfaltung – und es geht um erfüllende, sinnstiftende Arbeit in einer kollegialen Umgebung mit partizipativer Führung.
Um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen, müssen wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Dazu müssen wir eine Arbeitskultur schaffen, die den Ansprüchen der jungen Generation entspricht. So wird insbesondere dem Thema neue Führung eine wichtige Rolle zukommen. Traditionelle Führung wird zunehmend als hemmend empfunden. Wir brauchen Führungskräfte mit einem neuen Mindset, was bedeutet: den Rahmen setzen, Orientierung geben und partizipativ führen. Teamverantwortung statt Ansage. Eingefordert werden regelmäßiges Feedback, Beteiligung an und Transparenz bei der Entscheidungsfindung, Offenheit für neue Ideen sowie Wertschätzung. Führungskräfte werden auf diesen Wandel reagieren müssen und ihre eigene Rolle neu justieren: weg von Weisung und Kontrolle, hin zu Coach und Moderator*in.
Büro der Zukunft
New Work und Digitalisierung erfordern ein neues Raumdenken. Während es technisch möglich und von den Arbeitnehmer*innen zunehmend gefordert ist, überwiegend andernorts zu arbeiten, braucht es eine Büroumgebung, die vor allem dem Aspekt des Zusammenkommens Rechnung trägt. Auch ist unsere Arbeit zunehmend von Projektarbeit in jeweils unterschiedlich zusammengesetzten Teams geprägt. Ein Raumkonzept für die Zukunft sollte dies mit aufnehmen. Keine Angst, die berühmten Bällebäder, Kickertische und Hängematten in den „Büros“ von Tech-Startups sind nicht (unbedingt) gemeint. Aber auch in der Bürowelt der Verwaltung verändern sich die Anforderungen an den Raum spürbar.
Moderne Wissensarbeit erfordert Kooperation, gleichzeitig findet Arbeit eben keineswegs nur noch im Büro – sondern eben auch mobil und im Homeoffice – statt. Wie also schafft man Büroräume, die zum Kommen und zum kooperativen Arbeiten einladen? Zwar brauchen wir auch noch, aber weniger ungestörte Einzelarbeitsplätze für konzentriertes Arbeiten. Vermehrt wichtig jedoch werden Arbeitsbereiche für Zusammenarbeit, Räume für hybride Meetings und Workshops sowie für agile Projekte – und wir brauchen einladende Orte wie Sitzecken für informelle Kontakte und vieles mehr.
Die Forschung, wie sich die Arbeitsumgebung auf die Produktivität auswirkt, steht noch am Anfang. Erste Studien haben aber gezeigt, dass produktives Arbeiten im Homeoffice auch auf lange Sicht möglich ist, wenngleich jedoch der persönliche, vor allem informelle Kontakt mit den Kolleg*innen fehlt. Wir brauchen das Büro also auch weiterhin, aber nicht mehr für die Aktenschränke – sondern vor allem für das soziale Miteinander in der Organisation.
Innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft haben wir eine Arbeitsgruppe aus vierzehn Vertreter*innen von Leibniz-Instituten gebildet und das Pilotprojekt „New Workspaces“ aus dem Strategiefonds eingeworben. Gemeinsam möchten wir Lösungsvorschläge für innovative Raumgestaltung für Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen im Kontext von New Work erarbeiten, um so die geänderten Anforderungen an die Zusammenarbeit abzubilden.
Herausforderung Wandel
Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Aus der Digitalisierung resultieren große Veränderungen – aus dem Umbruch innerhalb der Mitarbeiter*innen jedoch ein mindestens ebenso großer Wandel.
Die größte Herausforderung besteht aktuell in der Vermittlung: Neue Anforderungen von außen und veränderte Erwartungshaltungen an Arbeit treffen auf traditionelle und jahrzehntelang bewährte Arbeitsweisen. Mit der Diversität der Menschen, ihren unterschiedlichen Denkweisen, Verhaltensmustern und Einstellungen wachsen die Herausforderungen im Arbeitsalltag. Wir alle sind nun gefragt, diese Diversität auch als Chance zu begreifen.
Text: Dr. Nicole Münnich
Dr. Nicole Münnich ist seit Dezember 2021 Geschäftsführerin des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Der Artikel ist im Verbundjournal 119 | 2022 mit dem Schwerpunkt "30 Jahre FVB" erschienen.