Pressemitteilung | WIAS | 11-02-2016

Michael Hintermüller leitet das Weierstraß-Institut

Das Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) hat einen neuen Direktor: Prof. Dr. Michael Hintermüller leitet das Institut seit Januar 2016. Der Mathematiker freut sich auf seine Arbeit am WIAS.

Michael Hintermüller leitet das Weierstraß-Institut

Prof. Dr. Michael Hintermüller.|Foto: Torsten Köhler

 

Das Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) hat einen neuen Direktor: Prof. Dr. Michael Hintermüller leitet das Institut seit Januar 2016. Der Mathematiker freut sich auf seine Arbeit am WIAS: „Das WIAS ist ein Leuchtturm der Mathematik mit weltweitem Ansehen. Ich freue mich über diese Gelegenheit, in ein exzellentes Institut einsteigen zu können.“

Studiert und promoviert hat Michael Hintermüller Technische Mathematik  in Linz an der Donau (Österreich). Als Postdoc ging er ins österreichische Graz. Dort wurde er auch zunächst Assistenzprofessor und dann außerordentlicher Professor. Als Visiting Professor verbrachte er einige Jahre in Houston (Texas/USA). Zurück in Österreich erhielt er 2005 den START-Preis, den höchstdotierten und anerkanntesten Wissenschaftspreis Österreichs für Nachwuchsforscher. „Die 1,2 Millionen Euro Fördergeld haben es mir erlaubt, sehr frei eine Gruppe aufzubauen. Es wurde ein sehr internationales Team mit Doktorandinnen und Doktoranden und Postdocs aus Argentinien, Frankreich, Marokko, China, Mexiko und Korea – und ein paar Österreicher waren natürlich auch dabei“, schmunzelt Hintermüller. „Das hat unheimlich viel Spaß gemacht.“ Durch den Preis übernahm Hintermüller schlagartig Verantwortung für viele junge Wissenschaftler. Nun galt es, nicht nur die eigene Forschung voranzutreiben, sondern sich auch mit Managementaufgaben auseinanderzusetzen: Arbeitspläne abstimmen, Budgets verteilen, Personalwechsel organisieren.

Das Forschungsthema lautete „Interfaces and free Boundaries“. Es geht dabei um Prozesse, bei denen Ränder und Grenzprozesse eine Rolle spielen, wie zum Beispiel in der mathematischen Bildverarbeitung. Dabei sollen automatisch Strukturen erkannt werden, etwa in der Medizintechnik, wo man verdächtige Gewebestrukturen identifizieren möchte. Ziel kann es dabei sein, bei Tumoren die Größe abzuschätzen oder Entwicklungen über die Zeit zu verfolgen. Eine weitere Anwendung sind Grenzprozesse in der Materialwissenschaft: Fährt ein Auto auf der Straße, drücken die Reifen auf den Asphalt. Es kommt zum Kontakt des festen Objekts, der Fahrbahn, mit dem elastischen Objekt, dem Reifen. Es gibt eine Kontaktzone und einen Bereich, in dem sie nicht in Kontakt sind. Beim mathematischen Modell muss man u.a. darauf achten, dass sich diese Materialien nicht analytisch durchdringen, was ja faktisch nicht möglich ist. Auch in der Finanzmathematik gibt es Ränder, die mathematisch analysiert werden können, wie etwa den Rand des Bereiches, in dem man Optionen ausüben sollte oder nicht.

Nach der Grazer Zeit wurde Michael Hintermüller nach Sussex (England) berufen, hier entwickelte er seine Forschungen mit dem Schwerpunkt „Partielle Differentialgleichungen mit freien Randwertproblemen“ weiter.
2008 kam der Österreicher als Matheon-Forschungsprofessor an die Humboldt-Universität zu Berlin. Er erinnert sich: „Berlin war für mich ein reichhaltiges Umfeld. Im europäischen Vergleich gibt es hier eine sehr sichtbare und aktive Umgebung, in der man gut miteinander kooperiert.“ Man könne sich mit Experten aller Richtungen zu verschiedenen Projektanträgen sehr schlagkräftig aufstellen. Dabei sei die Flexibilität über Universitäten und außeruniversitäre Institute hinweg besonders ausgeprägt. „Auch andere Universitäten hatten damals einiges zu bieten, aber für Berlin hat die sehr vielfältige mathematische Landschaft gesprochen.“

In Berlin hat sich Hintermüller mit Prozessen an fluiden Grenzflächen beschäftigt. Dabei geht es z.B. darum, wie sich Fluide verschiedener Dichten verhalten, wie sich Entmischungsvorgänge steuern lassen oder wie durchströmte Geometrien bestmöglich gestaltet werden. Für diese Fragen interessiert sich beispielsweise ein Autohersteller, der Strömungskanäle in Dieselmotoren optimieren will. Das Ziel ist eine maximale Leistung bei minimalem Druckverlust durch die Strömung. Die mathematische Aufgabe ist es dabei, ein geometrisches Objekt bei vorgegebenen Einström- und Ausströmbedingungen an die vorgegebene geometrische Umgebung im Motor optimal anzupassen.

Auch als Direktor des WIAS wird Michael Hintermüller nicht auf eine eigene Forschungsgruppe verzichten. Er wird die Gruppe „Nichtglatte Variationsmethoden und Operatorgleichungen“ leiten, die am Institut neu eingerichtet wird. Im Frühjahr 2016 wird ein neues, von ihm koordiniertes DFG-Schwerpunktprogramm mit dem Titel „Nichtglatte und komplementaritätsbasierte verteilte Parametersysteme: Simulation und hierarchische Optimierung“ die Arbeit aufnehmen. Er betont: „Ich bin mit Herz und Seele Wissenschaftler und arbeite gern mit jungen Leuten in einem internationalen Team. Gleichzeitig kommen andere reizvolle Aufgaben in der Institutsleitung auf mich zu, bei denen sich mit langfristiger Forschungsplanung viel Gestaltungsspielraum bietet.“

Kontakt

Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik
Dr. Torsten Köhler
Mohrenstr. 39
10117 Berlin
torsten.koehlerwias-berlin.de
Tel. 030 20372-582
www.wias-berlin.de