Mit ihrer Dissertation am Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) hat Dorothee Braun einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung ferroelektrischer Materialien geleistet. Diese sollen die bleihaltigen Verbindungen ersetzen, die derzeit noch in Computerspeichern und Sensoren verwendet werden. Mit dem Marthe-Vogt-Preis werden seit 2001 Nachwuchswissenschaftlerinnen in Forschungsgebieten ausgezeichnet, die von den Instituten des Forschungsverbundes bearbeitet werden. Die Dissertation muss an einer Forschungseinrichtung in Berlin oder Brandenburg entstanden sein. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert.
Eigentlich ist das giftige Blei-Zirkonium-Titanat (PZT) schon seit 2006 in Europa verboten. Doch weil es bisher keine Alternativen mit vergleichbar guten Eigenschaften gibt, darf das Material noch immer verwendet werden. Es findet sich zum Beispiel als Speichermaterial in Computern oder in Aktuatoren. Bleifreie ferroelektrische Materialien könnten das PZT in einigen Anwendungsbereichen ersetzen.
In ihrer Dissertation hat Dorothee Braun das bleifreie Material Kaliumnatriumniobat (KxNa1-xNbO3) untersucht. Sie hat Schichten des Materials auf ein Substrat mit einer etwas abweichenden Gitterausdehnung aufgebracht, wodurch Verspannungen entstehen. Diese Verspannungen führen zu veränderten Eigenschaften in den Schichten. Je nachdem, ob der Gitterabstand des Materials größer oder kleiner ist als der des Substrats, wird die Materialschicht zusammen gedrückt oder auseinander gezogen, es gibt also eine Druckspannung oder eine Zugspannung. Dorothee Braun hat aufgeklärt, welche Verspannungen in das Material eingebracht werden müssen, um gewünschte ferroelektrische Eigenschaften zu gewinnen. Sie berichtet: „Indem ich verschiedene Substrate verwende, kann ich die Spannung gezielt einstellen. Die Bedingungen am IKZ sind einmalig, da uns hier die ganze Palette an Oxiden zur Verfügung steht. Damit können wir den Gitterabstand der Substrate in relativ kleinen Schritten ändern.“
Die IKZ-Wissenschaftlerin Dr. Jutta Schwarzkopf hat die Promotion betreut. „Die Arbeit von Dorothee Braun ist außergewöhnlich. Neben der Charakterisierung der Schichten hat sie auch die ganzen Simulationen dazu durchgeführt. Ihre theoretischen Überlegungen waren sehr zielführend. Wenn etwas mal nicht passte, hatte sie immer wieder eine neue Idee für einen anderen Ansatz.“ Die Basis für diese Kreativität liege dabei auch in ihrem fundierten physikalischen Wissen.
„Diese Auszeichnung ist eine große Ehre, ich freue mich riesig darüber“, sagt Dorothee Braun. „Insbesondere, da unser Forschungsgebiet oft eher als Randthema wahrgenommen wird.“ Sie hofft, dass sich mit dem Marthe-Vogt-Preis Türen öffnen, die ihr als Mutter dreier kleiner Kinder sonst oft verschlossen bleiben. Ihrer Erfahrung nach ist es für junge Forscherinnen in Deutschland immer noch nicht einfach, mit kleinen Kindern die Karriereleiter hochzusteigen. „Mit meiner Arbeitsgruppe hatte ich großes Glück. Frau Schwarzkopf hat mich sehr unterstützt und alles ermöglicht, was machbar war.“ Wenn es um die wissenschaftliche Karriere geht, hat Dorothee Braun einen ganz entschiedenen Standpunkt: „Forschung ist mittlerweile so international, die Community ist in ständigem Austausch auf Konferenzen und über das Internet – da ist es ganz egal, wo ich meine Forschung mache. Das geht in Berlin genauso gut wie in den USA.“ Die Anforderungen an die Mobilität könne sie derzeit nicht erfüllen, und trotzdem ist sie eine begeisterte Wissenschaftlerin.
Mit Dr. Dorothee Braun zeichnet der Forschungsverbund Berlin e.V. eine herausragende Wissenschaftlerin aus, die in ihrer Promotion ein sehr anspruchsvolles Thema souverän bearbeitet hat.